Prinzregent-Luitpold-Fischerstechen
Seit 1907 richtet der Heimat- und Volkstrachtenverein Starnberg alle fünf Jahre das überregional bekannte „Prinzregent-Luitpold-Fischerstechen” aus. Höhepunkt der Veranstaltung, die regelmäßig mehrere tausend Schaulustige an die Ufer des Starnberger Sees lockt, ist die Krönung des „Fischerkönigs”. Dieser Titel wird dem besten Teilnehmer aus den Reihen der Berufsfischer verliehen, seit dem Jahr 1952 gibt es außerdem zusätzlich eine offene Kategorie für alle interessierten Sportstecher.
Zum Rahmenprogrammen gehören in der Regel Blasmusik, Biergarten-Schmankerl, Tanzdarbietungen, eine Tombola und Unterhaltung für die Kleinsten. Das nächste Fischerstechen, was gleichzeitig die 20. Ausgabe der Veranstaltungsreihe darstellen wird, ist für den Sommer 2027 eingeplant.
Die Regeln
Beim Fischerstechen geht es im Wesentlichen darum, dass der Stecher, welcher maskiert und ein ausgefallenes Kostüm tragen muss, seinen Konkurrenten von dessen über das Flachboot ragenden Standbrett mit einer gepolsterten Lanze ins Wasser stoßen muss. Bei dem Ausschlussverfahren ist der letzte Stecher, der nicht herunter gestoßen wurde, „Fischerkönig" bzw. der Sieger.
Beim Wettrudern mit Fischer-Flachbooten, das aus Mangel an Fischerflachbooten leider nicht mehr stattfinden kann, wurde das Boot als Sieger ausgerufen, das bei geradester Fahrt als erstes über die Ziellinie fuhr. Besetzt wurden die Flachboote mit zwei Wettkämpfern an je einem Riemen und einem Steuermann. Die alten Flachboote werden von vielen Berufsfischern am See zum Fischen kaum mehr verwendet und eine Reparatur der alten Holzboote ist sehr aufwändig und kostenintensiv.
Impressionen vom Fischerstechen
Die Historie
In chronistischen Aufzeichnungen findet man die Anfänge dieser Zunftspiele bis in die Zeit des späten Mittelalters. Nachweislich gab es bereits 1530 in München ein Fischerstechen auf der Isar, das zu Ehren Kaiser Karl V. veranstaltet wurde. Es ist also kein Privileg des Würmsees (1962 amtlich: Starnberger See), diese Spiele der Fischer zu veranstalten, die während der glanzvollen Seefeste unter dem Kurfürsten Ferdinand Maria (1651-1679) ihre „Hoch-Zeiten" hatten. Die geschichtlichen Zusammenhänge dieses über ein halbes Jahrtausend alten Brauches sind zwar nicht restlos zu belegen, doch die Volkskunde nimmt mit Bestimmtheit an, dass der Brauch der Zunftspiele am Starnberger See seine Grundlage seit der Gründung der „Fischeinigung" (See- und Fischordnung mit Fischerjahrestreffen) gefunden hat.
In der 1784 gedruckten „Beschreibung des Würmsees" von Prof. Lorenz Westenrieder (1748-1829) wird über eines dieser Fest- und Wettspiele der Würmseefischer berichtet: "Ihre Spiele bestehen außer denen, welche auf dem Lande üblich sind, im Schwimmen, Schiffsrennen und Panzenstechen".
1832 erschienen die „Malerischen Ansichten des Starnberger Sees" und auch hier steht ähnliches geschrieben: „Es waren unter den Fischern auf dem Starnberger See ganz eigene Spiele wie Schifferstechen und Schiffsrennen herkömmlich, welche aber lange schon abgekommen, da die Fischer der Schwimmkunst meist entfremdet sind".
Nicht unerwähnt bleiben darf ein Bericht über das Starnberger Fischerstechen von Ludwig Steub in seinem Büchlein „Sommer in Oberbayern", welches am 10. September 1860 im Rahmen des Bayerischen Landwirtschaftsfestes in Starnberg in Verbindung mit den Würmseefischern stattfand. Nach einem Stechen im Jahre 1882 schien es, dass der Brauch am Starnberger See aussterben würde. Wiederbelebt wurden die Zunftspiele erst wieder durch die Anregung von Prinzregent Luitpold anlässlich der 1000-jährigen Erinnerung an den Tod des Markgrafen Luitpold, der 907 im Kampf gegen die Ungarn gefallen war.
Seit dieser Zeit richtet der ebenfalls 1907 neu gegründete vormalige Volkstrachtenverein Starnberg zusammen mit der Fischereigenossenschaft Würmsee (heute Starnberger See) die Fischerstechen wieder aus. Zu diesem Anlass stiftete der Chef des Hauses Wittelsbach, Prinzregent Luitpold einen Goldpokal für den Sieger, der den Titel „Fischerkönig" erhalten sollte. Der Wanderpokal sollte alle fünf Jahre als erster Preis dienen und die Zunftspiele künftig am Leben erhalten.
1950 wurde der 1907 gestiftete Goldpokal endgültig an die Familie Hirn übergeben, die den Titel „Fischerkönig" durch dreifachen Sieg von Vater und Sohn erreicht hatten. Das Haus Wittelsbach hat die Tradition seines Oheims übernommen und stiftet jeweils einen Ehrenpreis für den „Fischerkönig vom Starnberger See".
Impressionen aus der Historie
Siegerliste
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1907
Mathias Hirn
Erster Sieger des „Prinzregent-Luitpold-Fischerstechen" wurde Mathias Hirn aus Ambach.
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1912
Mathias Hirn
Mathias Hirn aus Ambach konnte seinen Titel erfolgreich verteidigen.
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1929
Kein Sieger gekürt
Für das Finale qualifiziert hatten sich Georg Wenzel und Hans Huber aus Ambach. Da sich Wenzel in der Vorrunde unglücklich verletzte und den Endkampf nicht bestreiten konnte, gab es keinen Gewinner. Ein Losverfahren lehnten beide Finalisten ab.
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1950
Josef Hirn
Ehrenprotektor war im Rahmen der Gau-Heimattage der selbst anwesende Kronprinz Rupprecht von Bayern. Josef Hirn, der Sohn von Mathias Hirn, konnte den Goldenen Wanderpokal somit endgültig für seine Familie nach Ambach bringen.
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1952
Adalbert Kufer
Sieger wurde Adalbert Kufer aus Starnberg. Bei diesem Stechen wurden Berufsfischer und Sportler noch in einer Gruppe zusammen gewertet. Da die Anzahl der Stecher aus den Reihen der Sportler immer größer wurde, entschloss man sich, künftig zwei Gruppen zu bilden.
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1957
Josef Gebhard
„Fischerkönig" wurde Josef Gebhard aus Possenhofen.
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1962
Josef Hirn
Josef Hirn aus Ambach konnte seinen zweiten Titel einfahren und zog dadurch mit seinem Vater Mathias gleich.
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1967
Paul Dechant
In der Neuauflage des Finales von 1962 konnte sich diesesmal Paul Dechant aus Starnberg gegen Josef Hirn durchsetzen.
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1972
Paul Dechant
Bei den Berufsfischern setzte sich Paul Dechant gegen 17 Konkurrenten durch, beim Sportlerstechen siegte Heinrich Bartl aus Söcking. 26 Sportler waren zum Wettkampf angetreten.
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1977
Paul Dechant
Am 7. August setzte sich Paul Dechant aus Starnberg bereits zum dritten Mal die Krone des Fischerkönigs auf.
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1982
Schorschi Wenzel
„Fischerkönig" wurde Schorschi Wenzel aus Starnberg, beim Sportlerstechen konnte Karl Platz den 1. Platz erlangen.
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1987
Schorschi Wenzel
Angetreten waren diesmal 20 Berufsfischer und 30 Sportlerstecher. „Fischerkönig" wurde zum 2. Mal Schorschi Wenzel, Starnberg. Sieger beim Sportlerstechen wurde Josef Rimbeck Starnberg. Leider fing es während des Stechens zu regnen an. Da ein Abbruch und eine Neuansetzung nicht möglich war, wurde das Stechen bei Dauerregen bis zum Ende durchgeführt.
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1992
Franz Gastl
Den Sieg und somit den Titel „Fischerkönig" konnte Franz Gastl aus Leoni erlangen.
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1997
Schorschi Wenzel
Schorschi Wenzel konnte sich zum dritten Mal die Krone aufsetzen.
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2002
Schorschi Wenzel
Durch seinen vierten Sieg ist Schorschi Wenzel seit 2002 nun alleiniger Rekordhalter der „Fischerkönige".
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2007
Michael Menzinger
Beim hundertsten Jubiläum des Fischerstechens gewann Michael Menziger aus Ambach vor Josef Lidl, ebenfalls aus Ambach.
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2012
Anton Hinterholzer
„Fischerkönig" wurde Anton Hinterholzer aus Attenkam für die Fischerei Strobl, Sieger bei den Sportstechern wurde Kurt Kastenmeier aus Starnberg.
Ergebnisse -
2017
Peter Dechant
Peter Dechant aus Starnberg gewann vor Gregor Hauer aus Tutzing. Bei den Sportlern siegte Matthias Kittel vor seinem Bruder Markus.
Ergebnisse: Berufsfischer | Sportlerstechen -
2022
Oliver Goetzke
„Fischerkönig" wurde Oliver Goetzke aus Possenhofen, in der Sportstecher-Kategorie konnte Matthias Kittel seinen Titel verteidigen.
Ergebnisse: Berufsfischer | Sportlerstechen